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Leseprobe

 

8 – Geschenke

 

 

 

Wenn´s kälter wird und erstmals schneit,
dann ist die Weihnacht nicht mehr weit.
Da taucht dann auf die große Frage,
die man oft hört im Ton der Klage:
„Was soll ich heuer wieder kaufen?
Es ist ja echt zum Haareraufen!
Die hab´n doch alles und noch mehr!
Was woll´n sie also, bitte sehr?“

 

 

So ging´s auch ihm in jedem Jahr
mit seiner allerliebsten Schar.
Doch dann hat dieser Mensch beschlossen
und diesen Vorsatz sehr genossen,
dass er nicht länger dumm sein wolle.
Er hatte die Idee, die tolle,
wie er auch, ohne sich zu stressen
auf niemand brauche zu vergessen.
Und billig käm´s ihn außerdem!
Denn wäre es nicht sehr bequem,
das alles, was man ihm so brachte,
worüber er zwar freundlich lachte,
das aber meistens nutzlos war,
mitunter furchtbar hässlich gar,
ohne allzu viel Bedenken
einfach weiter zu verschenken,
als sein Geschenk zu überreichen?
Sie sah ja aus zum Herzerweichen,
die Krawatte, mit den Blumen drauf,
die gäb er sicher nie hinauf –
doch seinem Onkel Engelbert
wär sie vielleicht schon etwas wert.
Auf nur einen Schlag zwei Fliegen
ließen sich wohl dieser Art besiegen.
Und auch der rote Gartenzwerg,
an Hässlichkeit ein Meisterwerk,
würde sein Haus total verschandeln.
Doch verpackt mit schönen Bandeln
könnt er der Gretl-Tant gefallen,
der wahrhaft bösesten von allen,
die er ganz selten nur besuchte
und hinterher gleich laut verfluchte.
Den Billigsekt vom Markt daneben
würd er dem Onkel Fredi geben.
Dem war die Herkunft völlig Wurst,
der hatte immer großen Durst.

 

 

Er musste gar nicht lang studieren,
ein bisschen nur herumjonglieren,
bis fertig war die lange Liste.
Denn über´s Jahr in einer Kiste
da sammelt sich gar vieles an,
was er doch nie gebrauchen kann.
Im Advent, knapp vor dem Fest,
galt´s zu erledigen den Rest.
Der Sekretärin wird befohlen,
die Sachen schnell herbeizuholen.
Verpacken soll sie´s nun für ihn.
„Und richtig schön!“, hat er geschrien.
Sie machte ihre Arbeit toll,
ihr Zimmer war bald übervoll
mit lauter großen, goldnen Packerln
in wunderschönen Weihnachtssackerln.
Der Chef, zunächst noch gut gelaunt,
war trotz der güldnen Pracht erstaunt,
als er die Packerl holen wollte,
die er den Seinen bringen sollte.
Denn verflixt und ei der Daus,
jedes sah wie´s andre aus!
Was hatte diese Kuh gemacht?
Was war denn jetzt für wen gedacht?
Schreck durchzuckte seine Glieder.
Doch gleich verflog der Ärger wieder,
als er die Namenskärtchen fand,
die sie an jedes Säckchen band.
„Treue Seele!“, dachte er.
„Der geb´ ich ein, zwei Euro mehr!“
Dann fuhr er los, um zu bescheren,
denn keiner sollte sich beschweren,
dass er an ihn nicht hätt´ gedacht.
„Und wie billig!“, hat er noch gelacht.
Doch kurz nur hielt die Freude an,
als die Beschenkerei begann
bei einem legendären Treffen
mit allen Nichten und auch Neffen.
Als Erster öffnet Engelbert,
was sein Neffe ihm beschert.
Früher trank er viel und pur.
Doch jetzt, nach der Entziehungskur,
war er seit Wochen völlig trocken.
Da musst es ihn natürlich schocken,
als er in seinem Packerl fand
den Billigsekt von Unbekannt,
den Fredi hätt´ bekommen sollen.
Hingegen blieb vorerst verschollen,
was für den gedacht gewesen.
Hatte er denn falsch gelesen?
Nein! „Für Engelbert, den lieben“,
stand hier ganz deutlich draufgeschrieben!
„Die blöde Kuh hat sich geirrt!“
Jetzt war es aber schon passiert.
Vielleicht hätt´ er nicht rühmen sollen,
sich seiner Sparidee, der tollen.
Jetzt stand er da, völlig belämmert,
doch hat ihm da noch nicht gedämmert,
dass dieses nur der Anfang war
von einer echten Katastrophenschar.
Denn schon hielt Sepp in seiner Hand
den Gartenzwerg für Gretl-Tant,
er selbst ein Zwerg und furchtbar klein.
Das war ja wirklich hundsgemein!
Dafür erhielt die Tante Grete,
womit sie nie gerechnet hätte,
Rasierschaum für die Glattrasur.
Doch hatte sie die Haare nur
auf ihren schon vergilbten Zähnen,
die nur nach einem sich jetzt sehnen,
und zwar den Neffen zu erwischen
und ihm gar giftig eins zu zischen,
der dies Geschenk verbrochen hat.
Doch wie begossen in der Tat
stand dieser ohnehin schon da,
als er das Allerschlimmste sah.
Denn just die arme Leonor,
die jüngst erst ihren Mann verlor,
indem er sich mit ´ner Krawatte
an einen Baum geknüpfet hatte,
die fand in ihrem Weihnachtspackerl,
das sie entnahm dem güldnen Sackerl,
die Krawatte, die für Engelbert gedacht.
Da hat dann wahrlich keiner mehr gelacht.
Alle starrten sie den an,
der so viel Übles hat getan.
Der hat das Weite schnell gesucht,
denn übrig blieb ihm nur die Flucht.

 

 

Wer solcher Art beschenken will,
um den wird´s sicher bald ganz still.
Und lieblos, wie er selber ist,
man herzlich gern ihn rasch vergisst.